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Kirchenfenster im Wein: Geheimnisvolle Schlieren lüften

In der Welt der Weine gibt es zahlreiche Phänomene, die sowohl Anfänger als auch Profis faszinieren. Eines davon sind die sogenannten "Kirchenfenster", jene schlierenartigen Ablagerungen, die sich nach dem Schwenken eines Glases an dessen Innenwand bilden.

Was sind Kirchenfenster im Wein?

Kirchenfenster, auch als "Tränen" oder "Weinbeine" bezeichnet, sind dünne Flüssigkeitsfilme, die sich an der Glaswand absetzen, nachdem der Wein darin geschwenkt wurde. Sie entstehen durch die Interaktion von Wein, Sauerstoff und Glasoberfläche.

Brano
Time2Taste Gründer

Wie entstehen Kirchenfenster?

  1. Schwenken: Durch das Schwenken des Glases wird die Weinoberfläche vergrößert und mit Sauerstoff in Kontakt gebracht.
  2. Verdunstung: Der Alkohol im Wein verdunstet schneller als Wasser und andere Inhaltsstoffe.
  3. Konzentration: An der Oberfläche des Films entsteht eine dünnere Flüssigkeitsschicht mit höherer Konzentration an Zucker und Farbstoffen.
  4. Oberflächenspannung: Die Oberflächenspannung zieht die konzentrierte Flüssigkeit zusammen, wodurch sich die typischen Schlieren bilden.

    Was verraten Kirchenfenster über den Wein?

    Die Anzahl, Dicke und Form der Kirchenfenster können Hinweise auf verschiedene Eigenschaften des Weins geben:

    • Anzahl: Je mehr Kirchenfenster entstehen, desto höher ist der Alkoholgehalt des Weins.
    • Dicke: Dicke Kirchenfenster deuten auf einen hohen Gehalt an Zucker hin, was auf einen vollmundigen Wein schließen lässt.
    • Form: Langsam fließende und spitz zulaufende Kirchenfenster ("Spitzbogen") können auf einen reifen und komplexen Wein hindeuten.

    Physikalische Erklärung:

    Das Phänomen der Kirchenfenster lässt sich durch die sogenannte Marangoni-Konvektion erklären. Dabei verdunstet der Alkohol im Wein schneller als Wasser, wodurch die Oberflächenspannung des Films an der Glaswand abnimmt. Die verbleibende Flüssigkeit zieht sich zusammen und fließt in Form von Tropfen herunter. Diese Tropfen bilden die charakteristischen Schlieren.

    Entdecker und Missverständnisse:

    Schon 1855 erkannte der britische Physiker James Thomson alias Lord Kelvin (1824-1907) dieses Phänomen. Die Entdeckung wird fälschlicherweise oft dem italienischen Physiker Matteo Marangoni (1840-1925) zugeschrieben, obwohl er sie erst 1871 veröffentlichte.

    Zusammenspiel mehrerer Faktoren:

    Die Interpretation der Kirchenfenster ist komplex und nicht immer eindeutig. Neben Alkoholgehalt und Zucker spielen auch andere Faktoren wie Rebsorte, Reifegrad und Herstellungsverfahren eine Rolle.

    Geschmacksnuancen und Interpretation:

    Während die Anzahl, Dicke und Form der Kirchenfenster Aufschluss über den Alkoholgehalt und die Viskosität des Weins geben können, lassen sie sich nicht direkt auf den Geschmack übertragen. Die geschmacklichen Nuancen eines Weins werden durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, darunter die Rebsorte, das Terroir, der Reifegrad und die Vinifizierungsmethode.

    Dennoch kann ein geübter Verkoster anhand der Kirchenfenster Rückschlüsse auf den potenziellen Geschmack des Weins ziehen. So deuten beispielsweise dicke und langsam fließende Kirchenfenster auf einen vollmundigen Wein mit hohem Extraktgehalt hin, während dünne und schnell fließende Kirchenfenster auf einen leichteren Wein mit niedrigerem Extraktgehalt schließen lassen.

    Experimentieren und Genießen:

    Letztendlich ist der beste Weg, um die Geheimnisse der Kirchenfenster zu lüften, einfach zu experimentieren und verschiedene Weine zu verkosten. Achte beim Schwenken des Glases auf die Bildung der Kirchenfenster. Vergleichen die Kirchenfenster mit dem Geschmack und Geruch des Weins und versuche diese Zusammenhänge zu erkennen.

    Mit etwas Übung und Erfahrung wirst du lernen, die Kirchenfenster als zusätzliches Werkzeug bei der Weinverkostung zu nutzen und so die Nuancen verschiedener Weine noch besser zu verstehen und zu genießen.

    Zusätzliche Tipps:

    • Verwende immer ein sauberes und trockenes Weinglas, um die Bildung von Schlieren zu minimieren.
    • Schwenke das Glas in kreisenden Bewegungen, um die gesamte Innenwand zu benetzen.
    • Achte auf die Beleuchtung, um die Kirchenfenster besser erkennen zu können.
    • Verkoste den Wein in Ruhe.

    Fazit:

    Kirchenfenster sind ein faszinierendes Phänomen in der Welt des Weins, das Aufschlüsse über seine Eigenschaften geben kann. Mit etwas Übung und Erfahrung kannst du lernen, die Kirchenfenster als zusätzliches Werkzeug bei der Weinverkostung zu nutzen und so die Nuancen verschiedener Weine noch besser zu verstehen und zu genießen.

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